Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zu Grunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das Finanzgericht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.
Die Höhe der Gebäude-AfA richtet sich nach den Anschaffungskosten für das Gebäude (§ 7 Abs. 1 EStG). Die Höhe der Anschaffungskosten bildet die Grundlage für die Bestimmung der AfA. Ihre Ermittlung unterliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Dies gilt auch für die Aufteilung der Anschaffungskosten von Gebäude einerseits und dazu gehörendem Grund und Boden andererseits.
Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zu Grunde zu legen. Wenngleich dem Käufer im Hinblick auf seine AfA-Berechtigung typischerweise an einem höheren Anschaffungswert des Gebäudes gelegen ist und die entsprechende Aufteilungsvereinbarung -zu Gunsten des Verkäufers- ggf. Einfluss auf eine für ihn positive sonstige Vertragsgestaltung haben kann, rechtfertigt dies grundsätzlich noch keine abweichende Verteilung.
Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S. von § 42 AO seien gegeben.
Auch mit einer nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung zu Grunde zu legenden Vereinbarung können die Parteien jedoch angesichts der gebotenen Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht die Höhe der Steuer des Käufers -konkret seiner AfA- gestalten. Deshalb hat das Finanzgericht im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Es darf sich nicht darauf beschränken, die vertragliche Aufteilung steuerrechtlich nachzuvollziehen, sondern hat das Ergebnis durch weitere Umstände, insbesondere der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren.
Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es aber nicht ohne weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden. Das Finanzgericht hat die Gesamtumstände des Kaufobjekts aufzuklären und dahingehend zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen. Zu denken ist dabei etwa an besondere Ausstattungsmerkmale des Gebäudes, dessen ursprüngliche Baukosten und etwaige Renovierungen, eine ggf. eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder den Wohnwert des Gebäudes im Kontext der Nachbarschaft (Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage). Parallel dazu hat das Finanzgericht die besonderen Kriterien des Grundstücks zu berücksichtigen, etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störenden Baumbestand.
Eine Korrektur der von den Parteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude ist lediglich geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.
Das Finanzgericht hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung einen gewissen Bewertungsspielraum. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze der finanzgerichtlichen Sachverhaltsfeststellung und Sachverhaltswürdigung. Dabei kommt eine Bindung an etwaige Schätzungen des Finanzamt nicht in Betracht.
Kann nach diesen Grundsätzen eine vereinbarte Kaufpreisaufteilung nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen. Dabei hat das Finanzgericht die, nach welchem Wertermittlungsverfahren die Kaufpreisaufteilung vorzunehmen ist, anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht im hier entschiedenen Streitfall keine hinreichende Würdigung der konkreten Wertverhältnisse der Kaufobjekte vorgenommen. Es hat die Abweichung der vertraglichen Kaufpreisaufteilung von dem zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses geltenden Bodenrichtwert weder konkretisiert noch seine Indizwirkung erkannt. Weiter hat es die Gesamtumstände von Grundstück und Gebäude nicht umfassend gewürdigt, um konkrete Anhaltspunkte herauszuarbeiten, die die vertragliche Aufteilung ggf. als nachvollziehbar erscheinen lassen. Der bloße Hinweis auf allgemein fallende Bodenrichtwerte genügt dem nicht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. September 2015 – IX R 12/14
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