Für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach §§ 22 Nr. 2, 23 EStG ist dem Erfordernis der Nämlichkeit zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut teilweise genügt, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und –nach Löschung des Erbbaurechts– kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird. Der Ermittlung des Gewinns aus einem solchen privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ist nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der –wirtschaftlich gesehen– auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt; er ist ggf. im Schätzungswege zu ermitteln.
Private Veräußerungsgeschäfte liegen nur vor, wenn angeschafftes und veräußertes Wirtschaftsgut wirtschaftlich identisch sind (sog. Nämlichkeit). Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Eine wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend. Ein privates Veräußerungsgeschäft begründet sie aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts.
Die – für die Annahme eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts nach §§ 22 Nr. 2, 23 EStG erforderliche – wirtschaftliche Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut liegt mithin (nur) teilweise vor, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und – nach Löschung des Erbbaurechts – kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird. Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn ist daher in einem solchen Fall nur auf der Grundlage des – notfalls zu schätzenden – anteiligen Veräußerungspreises zu ermitteln, wie er – wirtschaftlich gesehen – auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bildeten die Kläger eine Erbengemeinschaft, auf die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Erbbaurecht übergegangen war. Im Streitjahr 2005 erwarben sie dazu das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück. Das Erbbaurecht brachten sie zur Löschung. Danach veräußerten die Kläger das nunmehr lastenfreie Grundstück im selben Jahr an Dritte. Das Finanzgericht sah in der Veräußerung des Grundstücks kein privates Veräußerungsgeschäft, da es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem von den Klägern angeschafften (erbbaurechtsbelasteten) Grundstück und dem ohne diese Belastung veräußerten (lastenfreien) Grundstück fehle. Letztlich habe sich in dem Veräußerungsergebnis lediglich der Wert des Erbbaurechts realisiert.
Der Bundesfinanzhof trat dieser Rechtsauffassung entgegen und hob das finanzgerichtliche Urteil auf. Zwar sei das belastete Eigentum sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich etwas anderes als das unbelastete Eigentum, denn das bei Anschaffung bestehende und später gelöschte Erbbaurecht stehe einer vollumfänglichen wirtschaftlichen Identität – im Sinne einer Gleichwertigkeit – von angeschafftem und veräußertem Grundstück entgegen. Von einer wirtschaftlichen Identität könne allerdings insoweit ausgegangen werden, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) aufgegangen sei. Da das Finanzgericht keine Feststellungen zur Ermittlung und Höhe des auf das Grundstück im belasteten Zustand entfallenden Veräußerungspreises getroffen hatte, verwies der Bundesfinanzhof das Verfahren zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück.
Nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zählen zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften auch Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden. Daraus ergibt sich das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut, wobei Nämlichkeit Identität im wirtschaftlichen Sinn bedeutet. Wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend, begründet ein privates Veräußerungsgeschäft aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts.
Ob und in welchem Umfang Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut („aliud“) vorliegt, richtet sich nach einem wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut.
Das Urteil ist aufzuheben, weil das Finanzgericht zu Unrecht die wirtschaftliche (Teil-)Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Grundstück und damit ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG verneint hat.
Auf die Kläger war im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das „veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben“, übergegangen (s. § 1 Abs. 1 ErbbauRG)). Bei Vorliegen einer solchen Erbbaurechtsbelastung ist der Grundstückseigentümer –im Streitfall die Stadt– für die Laufzeit des Rechts insbesondere von der Selbstnutzung seines Grundstücks ausgeschlossen. Dessen Position entspricht weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich der eines Volleigentümers. Die Nutzungsbeschränkung schlägt sich regelmäßig in einem verminderten Wert des Erbbaugrundstücks nieder. Wirtschaftlich ist das belastete Eigentum damit etwas anderes als das unbelastete Eigentum.
Die Kläger haben mit dem Kaufvertrag ein mit einem Erbbaurecht belastetes –und damit wertgemindertes– Grundstück angeschafft; im Zeitpunkt der Weiterveräußerung war diese dingliche Belastung bereits gelöscht. Das im Anschaffungszeitpunkt, jedoch nicht mehr im Veräußerungszeitpunkt bestehende Erbbaurecht steht indes einer vollumfänglichen wirtschaftlichen Identität –im Sinne einer „Gleichwertigkeit“– von angeschafftem und veräußertem Grundstück entgegen. Von einer wirtschaftlichen Identität kann vielmehr nur insoweit ausgegangen werden, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) Wirtschaftsgut aufgegangen ist; dem Erfordernis der Nämlichkeit ist mithin (nur) partiell genügt. Der Ermittlung des Gewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ist daher auch nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der –wirtschaftlich gesehen– auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt.
Eine nach Löschung des Erbbaurechts möglicherweise geänderte Marktgängigkeit des Grundstücks steht einer wirtschaftlichen Teilidentität nicht entgegen. Darüber hinaus haben weder das Bestehen noch die Löschung des Erbbaurechts die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks als solches –auch nur vorübergehend– aufgehoben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das Finanzgericht hat –nach der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig– bislang keine ausreichenden Feststellungen zur Ermittlung und Höhe des Veräußerungsgewinns oder -verlusts getroffen, die dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung in der Sache ermöglichen würden.
Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht zunächst zu entscheiden haben, in welcher Höhe der Veräußerungspreis auf das maßgebliche Grundstück entfällt.
Hierfür ist zunächst zu klären, ob die Aufteilung des Gesamtkaufpreises im Kaufvertrag vom 21.07.2005 auf Grund und Boden und Gebäude bindend oder eine –davon abweichende– Schätzung nach § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung erforderlich ist. Bindend ist eine vertragliche Einigung, solange keine nennenswerten Zweifel an der getroffenen Aufteilung eines Gesamtpreises bestehen; das gilt auch für den Fall einer schätzweisen Aufteilung durch die Parteien, wenn die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und überzeugend sind.
Hält das Finanzgericht die vertragliche Aufteilung des Veräußerungspreises nicht für bindend, wird es in einem zweiten Schritt die vom Finanzamt diesbezüglich vorgenommene Schätzung auch der Höhe nach in vollem Umfang zu überprüfen und ggf. im Zuge einer eigenen Schätzung den Veräußerungspreis auf Grundstück, Gebäude und Wald aufzuteilen haben.
In einem weiteren Schritt wird das Finanzgericht sodann prüfen, wie hoch das Entgelt für das maßgebliche Grundstück anzusetzen wäre, wenn es noch mit dem Erbbaurecht belastet gewesen wäre; nur dieser Anteil kann als Veräußerungspreis im Rahmen des § 23 EStG berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung des Finanzgericht entspricht der Wert des (gelöschten) Erbbaurechts dabei nicht zwingend dem durch die Veräußerung des Grundstücks realisierten Wertzuwachs.
Zuletzt wird das Finanzgericht auch über den Anteil der auf das maßgebliche Grundstück entfallenden –der Gesamthöhe nach unstreitigen– Veräußerungskosten zu entscheiden haben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Juni 2013 – IX R 31/12